Thursday, July 26, 2012

Ravensbrück – ein Ort voll Freude und guter Laune. Teamwork in einer Gedenkstätte

Ravensbrück – Austragungsort der zweiten Runde des Female R-Existence

Vor zwei Monaten habe ich von dem internationalen Projekt Female R-Existence geschrieben. Das geht nun nach einem erfolgreichen Seminar in Athen in die zweite Runde. Ravensbrück wird hierbei eine Gruppe von 20 jungen Leuten aus vier Ländern beherbergen und ihnen die Geschichte des Ortes nahebringen. Ein Fokus wird hierbei auf die Positionen einerseits der Opfer und andererseits der Täterinnen gelegt werden, deren Reflexion durch den Besuch der örtlichen Ausstellungen angeregt werden soll. Das ehemalige KZ bietet für eine Auseinandersetzung mit diesem Thema nicht nur aufgrund der Tatsache, dass es sich bei ihm um ein Frauen-KZ gehandelt hat, eine ideale Location. Auch die Jugendherberge in Ravensbrück, die in den ehemaligen Aufseherhäusern untergebracht ist, begünstigt die intensive Beschäftigung mit dem Thema. Was sonst noch Besonderes in dem eigentlich idyllischen Ort vorhanden ist, kann leicht auf der Homepage eingesehen werden: www.ravensbruek.de.

Teamwork – Ohne Gruppenarbeit keine Chance

In Gedenkstätten wird viel Wert auf die internationale Verständigung und den Abbau von Vorurteilen und Ressentiments gelegt. Wenn aber 20 Leute aus verschiedenen Ländern, mit verschiedenen kulturellen Prägungen aufeinandertreffen, kann es schon mal haarig werden. Teamwork passiert da nicht einfach, sondern muss induziert und von der Leitung gefördert werden. Wie schwierig das manchmal sein kann, aber wie groß der Spaß dabei auch ausfallen kann, lässt ein Blog von Claudi K. erkennen. Darin wird von den Auf und Abs der Gruppenleitung und den Problemen berichtet, mit denen man sich in einer internationalen Umgebung abgeben muss. Aber Claudi K. gibt auch ganz praktische Tipps zum Einstieg in das Thema Gedenkstättenarbeit, für das sie auch Materialien empfiehlt und kommentiert. Wen das Thema interessiert, sollte ihrem Blog auf jeden Fall einen Besuch abstatten. Der Titel klingt genauso unverfänglich, wie sie dort lebt und arbeitet. Genießt die Lektüre dieser jungen kompetenten Frau auf Sommer in Ravensbrück!

Tuesday, July 24, 2012

Timothy Snyder schreibt die Geschichte Europas um und überwindet nationale Historiografien

Timothy Snyder – Ein Kenner der Geschichte aus Yale


Timothy Snyder (Quelle: yale.edu) 
Allein schon wie er auf dem Bild seiner Homepage dreinschaut, muss man ihm Aufmerksamkeit entgegenbringen. Ein seriöser junger Professor, dem das Lächeln nie ganz von den Lippen verschwinden kann. Timothy Snyder hat das geschafft, was eigentlich nicht für möglich gehalten wurde und kann sich daher das unbekümmerte Lächeln ruhig leisten. Er hat in einem Feld der Geschichtsforschung, dem zweiten Weltkrieg und dem Holocaust, dem kaum jemand etwas Neues zugetraut hätte, einen bisher unbeachteten Ansatz ausformuliert und angewandt. Nach den riesigen Wälzern von Ian Kershaw, Saul Friedländer und anderen besticht Snyder durch kurze knackige Darstellungen, die auf Englisch fast besser klingen als auf Deutsch. Was ihn außerdem sympatisch erscheinen lässt, ist das Angebot von downloadbarer Lektüre auf seiner Homepage. Für mich ist Timothy Snyder bereits zum neuen Superstar unter den Historiografen geworden, der nicht nur fachlich äußerst kompetent ist, sondern schon durch sein Sprachtalent besticht. In seiner „Short Bio“ heißt es dazu ganz bescheiden: „He speaks five and reads ten European languages.“ Das ist wahrscheinlich mehr als viele andere Wissenschaftler können!

Die Geschichte Europas als transnationale Geschichte

Warum Snyder zur Zeit in aller Munde ist, offenbart ein Blick auf Sachbuch-Bestsellerlisten der letzten Monate. „Bloodlands“ ist zum Kassenschlager geworden, was eigentlich wundert, wenn man sich das Inhaltsverzeichnis ansieht, denn es scheint zunächst, als wenn er nur wieder die schon erzählten Geschichten des Holocaust und der stalinistischen Herrschaft repetiert. Aber weit gefehlt. In der Geschichte Europas, als dazu zugehörig sieht er Ostmitteleuropa definitiv an, spielt die Zeit der 1930er und 40er eine große Rolle, das ist auch bei ihm so. Was lange Zeit aber eine ebenso wichtige Rolle einnahm, waren die nationalen Perspektiven, die allzu oft und viel zu schnell zur Schwarz-Weiß-Malerei motivierten. Snyder gelingt, diese Geschichtsschreibungen mit ihren verkürzten Argumentationen und eingeengten Perspektiven zu überwinden, indem er die nationalen Stereotypen durchbricht und die Geschichte einer Region mehr als einer Nation zu beschreiben versucht. Wer einen Blick auf seine Aufsatzthemen wirft, dem wird schnell klar, dass Snyder auf diesem Gebiet zuhause ist. Er arbeitet seit Jahren zu den verschiedenen Sichtweisen der Polen, Ukrainer, Weißrussen und der baltischen Völker auf einander und hat sich mit Instrumentalisierungen nationaler Ressentiments zu den verschiedenen beschäftigt. Das ganze betreibt er auf einer Mezoebene, die versucht, Mikro- und Makroansätze zusammenzuführen und mit der Metaebene der Theorie zu verknüpfen. Die Versöhnung der verschiedenen Ebenen der Geschichtsschreibung – ein ambitionierten Vorhaben, was ihm in seiner Neuformulierung der Geschichte Europas auch gelungen ist.

Friday, July 20, 2012

Arabische Spezialitäten – Mit Mansaf die zukünftigen Schwiegereltern schocken?

Nach meinen kulinarischen Erlebnissen in der Ukraine hier nun eine weitere Episode für Liebhaber des exotischen Essens:
Arabien ist wirklich ein Landstrich für Gourmets! Ich muss gestehen, dass ich dort die besten Süßigkeiten und auch die deftigsten Mahlzeiten zu mir genommen habe (besonders wenn man Deftigkeit an dem Anteil des Fleisches an der Gesamtmenge des Mahl misst!). Arabische Spezialitäten haben mein Herz höher schlagen lassen, so dass ich auch Jahre später noch regelmäßig die ägyptische Bäckerei ein paar Straßen weiter aufsuche, um ein paar frisch gebackene Spezeleien zu bekommen, die mich an das heiße Wüstenklima und die Gastfreundlichkeit der Menschen erinnert.
Einer meiner jordanischen Freunde lud mich vor einiger Zeit zum Essen ein. Er meinte, dass er das jordanische Nationalgericht zubereiten wollte. Ich sollte so etwas wie der Vorkoster sein, denn was Kochen angeht, ist er nicht wirklich begabt. Das Gericht wollte er dann, falls es mir gefallen würde, den Eltern seiner deutschen Freundin kochen, die ihn, so war wahrscheinlich seine Rechnung, dafür in Herz schließen sollten. Nun ja, ich hatte wohl kaum etwas zu verlieren und so ergab ich mich meinem Schicksal. Mansaf, so nannte er das zubereitete Lammfleisch in einer Art Joghurt-Sauce serviert mit Reis, schmeckte vorzüglich. Von arabischen Spazialitäten hatte ich auch nichts anderes erwartet. Und wie er, ein stolzer Jordanier, mir natürlich auch die Hintergründe dieses Gerichtes näher bringen wollte, erklärte er mir zunächst äußerst ausführlich den Entstehungsprozess. Leider war ich so mit dem Schlemmen beschäftigt, dass ich nur mit einem Ohr zugehört hatte und das Rezept daher auch ziemlich schnell wieder vergessen hatte. Bei dem Wort Schafskopf horchte ich jedoch wieder auf. Er hatte mich tatsächlich gefragt, ob ich wüsste, wo man einen kompletten Schafskopf herbekommt. Ich verschluckte mich beinahe am Reis und starrte ihn fragend an. „Mansaf werde traditionell nun einmal mit ganzem Kopf zubereitet“, verteidigte er sich. Schließlich sollte das Essen mit den Eltern seiner Freundin ja etwas besonderes werden und kein Null-Acht-Fünfzehn-Menü wie beim jordanischen Restaurant um die Ecke.
Irgendwie hab ich es dann geschafft, ihn davon zu überzeugen, dass das mit dem Kopf keine so tolle Idee wäre (ganz abgesehen von den Problemen der Zubereitung, denn in welchen Topf passt schon so ohne weiteres ein Schafskopf?). Er hört auf mich und hatte letzten Endes einen wunderschönen Abend mit den vielleicht zukünftigen Schwiegereltern, die nebenbei gesagt von seinen Kochkünsten begeistert waren.
Wer Mansaf einmal selber nachkochen möchte, sollte sich an die Instruktionen eines Jordanier oder einer Jordanierin halten, die es erfahrungsgemäß etwas anders zubereiten, als es online zu lesen ist. Um aber einen Eindruck davon zu bekommen, was Mansaf ist, hier kurz drei Kochanleitungen, die ich kk4you.de entnommen habe:

Rezept 1
500 g Jameed (Joghurt, der durch Trocknen haltbar gemacht ist) in heißes Wasser geben und 4 Stunden einweichen. Ersatzweise kann man Molke verwenden (Einweichzeit: 1 Stunde); frischer Joghurt klumpt und ist keine Alternative. Das Jameed ausdrücken und mit einem Rührgerät glatt kneten. 1 Ei in etwas Joghurt verquirlen, erhitzen und zum Jameed geben.
Die Masse durch ein feines Sieb streichen. Etwas Salz und Pfeffer dazugeben und unter ständigem Rühren ca. 30 Min. auf niedriger Stufe erhitzen. Falls die Masse zu dick ist, etwas Wasser, falls sie zu flüssig ist, etwas durchgeknetetes Jameed dazugeben.
1 kg Lammkeule (in groben Stücken; man kann Mansaf auch mit Hähnchen zubereiten) zusammen mit 1 großen Zwiebel (in Vierteln) und ein paar Kardamomsamen gar kochen. Das Fleisch aus der Brühe nehmen, in die kochende Joghurtmasse geben und 1-2mal aufkochen lassen. Wenn die Joghurtmasse zu dick ist, etwas von der Brühe dazugeben.
Auf eine große Servierplatte erst ein Shrak-Brot (ein hauchdünnes, in einer gewölbten Pfanne über offenem Feuer gebackenes Fladenbrot aus Weizenvollkornmehl), darauf gekochten ägyptischen oder asiatischen Reis (aus 500 g rohem Reis), darauf das Fleisch geben. Mit gerösteten Mandeln und Pinienkernen bestreuen.
Mansaf wird mit den Fingern von einer gemeinschaftlichen Platte gegessen. Man benutzt nur die rechte Hand, formt den Bissen zu einer kleinen Kugel und schiebt diese mit dem Daumen in den Mund. Obwohl Jordanien ein islamisches Land ist, wird Alkohol, z. B. als Araq (Anisbranntwein) oder lokaler Wein, gern getrunken.

Rezept 2
500 g Lammkoteletts
1 Döschen Safranpulver
1 Prise Zucker
1 Glas Lammfond (400 ml)
100 ml Wasser
250 g Basmati-Reis
1 EL Butter
100 g geschälte Mandeln
50 g Pistazien
2 EL Rosinen
Salz
Butterschmalz zum Braten
Arabische Gewürzmischung “Baharat”

Den Lammfond mit Wasser und etwas Salz in einem Topf zum Kochen bringen. Den Reis und den Safran hineingeben, Hitze reduzieren und 15 18 Minuten ausquellen lassen.
In einer Pfanne die Butter erhitzen, die Hälfte der Mandeln darin kurz anrösten. Aus der Pfanne nehmen und zum Garnieren beiseite stellen.
Restliche Mandeln und die Pistazien grob hacken. Ebenfalls in der Pfanne anrösten, auch die Rosinen und Gewürzmischung dazugeben. Vom Herd nehmen.
Lammkoteletts mit der Gewürzmischung einreiben. Butterschmalz in einer Pfanne sehr heiß werden lassen und die Lammkoteletts von beiden Seiten scharf anbraten, die Hitze reduzieren und noch weiterbraten, Bratzeit insgesamt 6 8 Minuten.
Die Nuss-Rosinen-Mischung unter den Reis heben. Eventuell salzen.
Den Reis auf einer großen Platte anrichten, darauf die Lammkoteletts verteilen und mit den ganzen Mandeln garnieren.

Rezept 3
600 gr. Lammfleisch mit Knochen in Stücke geschnitten (Huhn, Pute oder Kalb ist auch möglich)
1 Be. Joghurt 150 ml.
500 gr. Magerquark
150ml. Wasser
1 EL Mehl
1 El Gelbwurz (Kurkuma auch -Indischer Safran genannt)
250 gr. Reis (Basmati)
100 gr. Mandeln (geschält)
50 gr. Pinienkerne
Butterschmalz, Salz, Pfeffer
Jogurt, Quark, Mehl, Wasser und Salz gut verrühren, etwas Kurkuma zugeben und langsam zum Kochen bringen.
Das gewürzte Fleisch oder Hühnchen einlegen und vorsichtig gar kochen. (Man muss es immer wieder gut durchrühren da es leicht anbrennt)
Mandeln schälen und mit Pinienkerne wegen unterschiedlich langer Röstzeit separat in geklärter Butter vorsichtig rösten (dazu Butter erwärmen und Schaum abschöpfen oder Butterschmalz verwenden)
Reis nach Vorschrift garen. TIPP: Butterschmalz, Reis Kurkuma, Löffel Salz und Pfeffer in Topf und 2 cm Wasser darüber geben
Den Reis auf einer großen Platte anrichten, die Nüsse darüber geben und das Fleisch in der Sauce extra dazu reichen.

Also, viel Spaß beim Kochen!

Thursday, July 19, 2012

Jugendfotopreis – Die Photokina wird den Ausstellungssommer 2012 enorm bereichern!

Nach den Austellungen 2012 wollen die Höhepunkte des Bild-Sommers gar kein Ende nehmen. Kürzlich wurden die Gewinner des Jugendfotopreises bekanntgegeben, unter denen sich so manch ein Naturtalent verbirgt, wie selbst der Laie erkennen kann. Auf FAZ.online sind die Bilder beschaubar, wobei jeweils Name und Alter der 21 verschiedenen Gewinnträger sowie der Titel des jeweiligen Bildes angegeben ist. Der vom Familienministerium jährlich ausgeschriebene Wettbewerb hat dieses Mal mehr als 30000 Einreichungen von über 6000 Kindern und Jugendlichen hervorgebracht. Dies Preisträger waren zwischen vier und 25 Jahren alt. Insgesamt waren die Bewerber im Durchschnitt jünger als jemals zuvor. Der Jugendfotopreis hat damit wohl so manch einen Rekord gebrochen. Auch qualitativ wurde der Standard recht hoch angesetzt dieses Jahr.
Was beim Betrachten der Bilder stark hervorsticht, sind die Emotionen, die jedes Foto darstellt und somit Einblick in das Gefühlsleben des Fotografen gibt. Oft erschrickt man aufgrund der Reife, mit der Teenager ihr geschultes Auge anwenden und Motive entdecken, die dem Profi Konkurrenz machen. In ihrer Entwicklung greifen sie vor auf das statische oder halten die Balance zwischen Verspieltem, Surrealen und der Wirklichkeit. Daher sind es auch manchmal die einfachen Bilder, ungeschönte Szenen aus dem Alltag, die so frappierend wirken. Andere faszinieren durch ihre Gestelltheit, ihre Unmöglichkeit, die sich im Bild selbst manifestiert hat. Jedes der Exponate wäre einer ausführlichen Betrachtung und einem intensiven Gespräch mit dem oder der Fotografin dahinter würdig. An so mancher Stelle könnten die bereits Herausgewachsenen damit einen Einblick in die jüngeren Teile der Gesellschaft gewinnen. Diese Fotos werden daher die Austellungen 2012 auf ganz einzigartige Weise bereichern.
Ausgestellt werden die Gewinnerbeiträge auf der Photokina, die vom 18. bis 23. September diesen Jahres in Köln stattfinden wird. Als Fachmesse für Fotografie werden natürlich erheblich mehr Exponate zu sehen sein, als nur die im Zusammenhang mit dem Jugendfotopreis. Daher sollten Interessierte im Kopf behalten, dass die endgültige Bekanntgabe der Platzierungen sowie die feierliche Preisvergabe in Halle 5.1 stattfinden wird. Mehr zur Photokina gibt es auf der dazugehörigen Homepage.

Eines der Gewinnerbilder des Jugendfotopreises 2012

Sunday, July 15, 2012

Larp – Das Leben im Mittelalter selbst erleben. Ein Spaß für die ganze Familie?

Es gibt manchmal wirklich merkwürdige Moden. Eine der neuesten ist der Familienausflug ins finstere Mittelalter. Larp nennt sich diese Freizeitbeschäftigung der anderen Art, von der bisher nur wenige etwas wissen. Daher hier ein kleiner Steckbrief:

1. Was heißt Larp?
Der Begriff kommt aus dem Englischen und steht für „Live Action Role Playing“, also etwa: reelles Rollenspiel (im Gegensatz zum virtuellen).

2. Was ist Larp?
Beim Larpen handelt es sich um ein mittelalterliches Rollenspiel. Die Teilnehmenden werfen sich hierfür zum Beispiel für ein Wochenende in zeitgenössische Kleidung, geben sich alten Berufen und „Rollen“ hin, um zusammen mit anderen Larpern das Ambiente einer mittelalterlichen Gemeinschaft herzustellen und ein paar Tage so zu leben, wie es damals Sitte war. Um Aktion in das Leben zu bringen, wird die Situation durch Plots aufgelockert. Plots sind Handlunsgstränge, die von einzelnen Teilnehmern durchgeführt werden. So kann die Hexe jemanden vergiften, wofür sich der Bruder des Vergifteten bei der Hexe rächen will. Wer nur „Zuschauer“ sein möchte, kann einen Nicht-Spielercharakter bekommen.

3. Seit wann gibt es Larpen?
Beim Larpen handelt es sich keinesfalls um eine neue Erscheinung. Ursprünglich soll diese Art der Freizeitbeschäftigung aus England stammen und seit etwa 20 Jahren auch Anhänger in Deutschland haben. Sicher gibt es aber auch eine Verbindung zu Mittelaltermärkten und Schaustellern wie sie es schon immer auf Volksfesten und ähnlichem gegeben hat. Das Besondere beim Larpen ist jedoch, dass Interessierte sich oft in kürzeren Abständen ihrem Hobby hingeben können.

4. Wer organisiert das Larpen?
In Deutschland wird die Organisation von Larp-Veranstaltungen in erster Linie von Vereinen und privaten Initiatoren vorgenommen. Wann und wo die nächsten Events stattfinden kann auf www.larpkalender.de einfach herausgefunden werden. Die Gebühr variiert zwischen 35 und 150€ pro Person für ein Wochenende. Viele der Veranstaltungen dauern aber auch länger.

Die Frage, die den Leser nun quälen mag, ist, warum hier, in einem Kant-Blog über Freizeitbeschäftigungen im Mittelalter-Ambiente berichtet wird. Die Antwort ist eher simpel: Wie schon mit dem Exkurs in die Clovis-Kultur gezeigt, ist Globalisierung nichts neues. Das Mittelater war sogar eine Glanzzeit der Transnationalität, konnten doch „Grenzen“ leicht überwunden werden. Über das Leben im Mittelalter gäbe es an dieser Stelle viel zu sagen. Aber wo sollte man anfangen? Das wesentliche ist, um bei Kant zu bleiben, der relative Kosmopolitismus, der für den Freien galt. Überall konnte man hingehen, alles konnte gesehen werden, solange man als frei galt. Sicherlich war das für die Masse der Bauernschaft eher ein Wunsch als Realität, aber doch gab es jene Möglichkeiten insbesondere für die geistliche und Gelehrtenelite. Aber das Leben im Mittelalter ist so verschieden, wie das Mittelalter es selber war. Die tausend Jahre, die unter jenem Begriff zusammengefasst werden, reichen von einem „dunklen Zeitalter“ der Völkerwanderung bis zum Beginn der Renaissance. Diese Zeit brachte monumentale Bauwerke ebenso hervor wie die Kreuzzüge mit ihren unendlichen Gräueltaten. Wer sich also auf die Zeitreise begeben möchte sollte sich dessen klar sein. Das Mittelalter war eine Zeit der Widersprüche, nicht ganz unähnlich der unseren Zeit. Viel kann man lernen bei so einem Rollenspiel. Das wichtigste stellt vielleicht die Empathie dar, die nötig ist, um sich seiner Rolle hinzugeben. Und diese Empathie kann uns auch helfen, Menschen aus der heutigen Zeit in anderen Situationen zu verstehen.

Thursday, July 12, 2012

Poznan – nur Universitätsstadt zwischen Warschau und Berlin, oder doch mehr?

Seit der Fussball-EM ist die Autobahnverbindung Berlin-Warschau durchgängig befahrbar. Selbst bin ich die Strecke mittlerweile unzählige Male mit dem Bus gefahren, wenn es für mich auf gen Osten hieß. Auch wenn „durchgängig“ eher relativ zu verstehen ist, so rühmen sich doch beide Hauptstädte, dass eine historische Verbindung endlich wieder hergestellt sei. Auf halber Strecke befindet sich eine andere Stadt, die beiden Metropolen nicht unähnlich und unwürdig erscheint

Poznan – zwischen Deutschland und Polen

Poznan lässt sich dort auf der Karte verorten. Einst stolzes Bollwerk der Preußen gegen das Polentum. Dort wurde das letzte preußische Schloss vor dem Ersten Weltkrieg gebaut, das nicht ohne Grund äußerst wehrhaft wirkt. Um ihm herum hat sich das neue Zentrum gebildet, das vom Bahnhof leicht zu erreichen ist. Das historische Zentrum Poznans befindet sich aber ein ganzes Stück vom Schloss entfernt. Was den Besucher dort erwartet ist kaum mit dem Schloss zu messen: alte Kirchen, der historische Marktplatz, der alte Fürstensitz und hunderte schöner Kleinodien, die ihrer Entdeckung harren.
All das wird jedoch anfänglich durch den Uni-Turm verdeckt. Der sozialistische Bau, der fast allein die Skyline Poznans prägt, vermittelt dem unbefangenen Erstankömmling ein Bild der Stadt, das gar nicht existiert. Natürlich kann sich die Stadt nicht gegen ihr Erbe aus dem 20. Jahrhundert wehren, aber wenn man erst einmal die realsozialistischen Straßenzüge verlassen hat, kann kaum noch eine Ecke an die architektonischen Sünden der Vergangenheit erinnern. Die weiter zurückliegende Vergangenheit sticht schnell hervor und bringt den Besucher leider auch schnell dazu, Irrwege der jüngeren Geschichte zu vergessen.
Ein Besuch der Stadt auf dem Weg weiter nach Osten gibt den Reisenden die Möglichkeit, einen Übergang von der deutschen in die polnische Stadt zu erleben.

Foto: Martkplatz in Poznan
Foto: Theater in Poznan


Warschau – unverstandene Stadt?

In Warschau ist die Transformation dann vollkommen! Man findet sich in einer scheinbar anderen Welt wieder. Einen Eindruck davon gibt der Polenfahrer Besarin auf seinem Blog. Hier der Link. Warum also viele Wort über etwas verlieren, was andere besser beschreiben können? Und die Fotos allein sprechen schon Bände. Hier zwei ausgewählte:

Foto: Warschau mit Kulturpalast
Foto. Typische Straßenszene in Warschau?

Saturday, July 7, 2012

Öffentlicher Verkehr: In Tallinn soll es ab 2013 die kostenlose Nutzung des ÖPNV geben

Foto: Tram-Fahren in Tallinn bald gratis?
(p4.focus.de)
Immer wieder kommt das Thema mal auf: Soll es den Einwohnern einer Stadt möglich sein, den öffentlichen Personennahverkehr gratis zu nutzen? Der öffentliche Verkehr nimmt eine Schlüsselrolle in den Stadtplanungen moderner Großstädte ein. Nur mit ihm scheint es möglich, der chronischen Überlastung der Straßen durch Autos und Zulieferer zu begegnen und nachhaltige City-Zentren, die einen gewissen Lebensstandard bieten können, zu gewährleisten.
Das hat sich auch Tallinn so gedacht, kann man annehmen, denn im Frühjahr gab es dort ein Referendum zur Einführung der kostenlosen Nutzung des öffentlichen Verkehrs. Die Abstimmung fand ein positives Ergebnis. 75% der Stimmen sprachen sich für die Einführung aus, so dass der Weg frei ist, um das System 2013 einzuführen, so Focus online.
In Berlin wurde die Idee auch schon mehrmals unter anderem intern von den Grünen diskutiert. Dabei werden die Vorteile eines kostenlosen Nahverkehrs hervorgehoben: Entlastung, Nutzung durch sozial schwache Gruppen, Umweltfreundlichkeit etc. Aber warum machen es dann so wenig Städte? Offenbar gibt es also auch negative Aspekte, die es zu beachten gilt. Einer wäre, dass eine intensivere Nutzung höhere Wartungskosten sowie höhere Investitionen in den ÖPNV verursachen würden. Die entstehenden Kosten müssten aus anderen Mitteln als den Nutzungspreisen gedeckt werden, aber wie? In Tallinn wird dies wohl durch eine pauschale Steuer, die alle Bürger zu entrichten haben, geschehen. Letztlich findet also unabhängig von Art und Dauer der Nutzung eine Umlagerung der Nutzungsgebühren statt. Touristen würden davon dann natürlich komplett ausgenommen werden und würden den Verkehr absolut kostenlos nutzen können. Damit könnte Estlands Hauptstadt zum Geheimtipp unter Backpackern und Mittel- und Osteuropafahrern avancieren!
Das hört sich irgendwie wenig sozial gerecht an, wenn der Arme genauso viel beitragen muss wie die Reiche. Es würde also entscheidend von dem System der Umverteilung abhängen. Wenn der pendelnde Geschäftsmann mit einem Monatseinkommen von mehreren Tausend Euro genauso viel bezahlt wie die arbeitslose alleinerziehende Mutter aus dem Zentrum, die den ÖPNV kaum benutzt, muss wohl von einem System gesprochen werden, das die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößert und im höchsten Maße als sozial ungerecht einzustufen wäre. Aber vielleicht bekommt es die Stadt in Zusammenarbeit mit dem Staat doch hin, ein gerechtes System auf die Beine zu stellen. Damit würde dem kleinen Land im Baltikum eine Vorbildrolle zukommen, das so manch andere Stadt zum Beispiel in Deutschland inspirieren dürfte. Aber zunächst heißt es wohl abwarten!

Friday, July 6, 2012

Schönheitsideal: „Ugly Models“ - Was andere Models haben brauchen sie nicht

Schönheitsideal und Gesellschaft

Das Schönheitsideal bildet den Spiegel der Gesellschaft. So wurde es lange gesehen und irgendwie scheint da ja auch was wahres dran zu sein. Wenn damals eher wohlbeleibte Männer wie Frauen als wohlhabend und korpulentere Frauen als mehr Familienglück versprechend verstanden wurden, so hat sich das doch gewaltig geändert. Die Hochzeiten einer magersüchtigen Kate Moos scheinen vorüber. Mittlerweile gibt es Modelagenturen, die auf ihre Schützlinge Acht geben und darauf wert legen, dass diese ausgeglichen ernährt sind. Das tun sie aus zwei Gründen: Erstens sind die Models ihr Kapital. Wenn sie Schaden nehmen verlieren eben auch die Agenturen daran. Und zweitens würde negative Werbung dem Image schaden. Nicht zuletzt ist diese neue Einstellung also der internationalen Öffentlichkeit zu verdanken. Sie hat ihre Schönheitsideale gewandelt und will keine abgemagerten, unnatürlichen Puppen mehr auf den Laufstegen begaffen. Stattdessen sollen zwar immer noch elegante, schlanke junge Frauen schaulaufen, aber eben mit einer Figur, die auch für normale Leute erreichbar ist ohne gesundheitliche Risiken auf sich nehmen zu müssen. Auf die Spitze wird diese ganze Anti-Model-Bewegung durch die sogenannten „hässlichen Models“ getrieben, die von der Süddeutschen Zeitung kürzlich thematisiert wurden.

Ugly Models – die Ikonen von Morgen?

Ugly Models heißen sie und warten mit ganz besonderen Schönheitsmerkmalen auf. Entweder sie sind zu klein, zu unförmig, zu dick oder besitzen einfach eine körperliche Besonderheit. Irgendetwas fällt uns sofort ins Auge, wenn wir eines dieser Models sehen. Wozu werden sie gebraucht, denkt man zunächst. Fast überall, wo auch hübsche Models ihre Jobs finden: Werbe-, Mode-, Musik- und Filmindustrie. Denn sie sind diejenigen, die einem Film oder Musikvideo das Moment des Im-Gedächtnis-Haftens verleihen. Die Kuriositäten peppen das Leben auf und so auch unsere Unterhaltung. Klar, dass die Ugly Models dabei nicht allein stehen, sondern ebenfalls wie ihre hübschen Kolleginnen von Agenturen betreut werden, wobei diese sicher nicht die Probleme mit Magersucht, Mangelernährung etc. unter ihren Models haben, denn die können ja einfach sein, wie sie sind. Ja eben das macht sie ja aus! Es scheint sich also wirklich um zwei Gegenpole zu handeln. Die hübschen müssen hart arbeiten, um einen perfekten Körper zu bekommen und zu behalten während die anderen ihre Besonderheit gerade in ihrer Fehlbarkeit finden und sich einfach zeigen können, wie sie sind. Aber verkaufen letztlich nicht beide ihre Körper?

Hier wieder ein paar Bilder:

Foto: Ugly Models I (sueddeutsche.com)

Foto: Ugly Models II (sueddeutsche.com)