Tuesday, November 27, 2012

Tee ist mehr als ein Getränk! Es ist Inbegriff einer Kultur, die nicht nur europäisch ist


Die Kuriositäten des Lebens begegnen einem überall. Das hat mein Erlebnis mit der Bratwurst eindeutig gezeigt. Auch wenn das folgende weniger kurios als faszinierend ist, bin ich ihm doch unerwartet begegnet. Es geht um Tee, eine Flüssigkeit, die für viele mehr ist als nur ein Genussmittel oder ein Erfrischungsgetränk. Und begegnet bin ich ihm in einem Artikel über eine Ausstellung in einer englischsprachigen Zeitschrift mit dem Titel China Daily. „The Art of drinking“ war er überschrieben.

Tee – der verbindende Trunk

Es gibt sicherlich viel über dieses Getränk zu wissen. Warum ist Tee das Nationalgetränk der Briten? Oder wieso gobt es im wesentlichen nur zwei Bezeichnungen für Tee (Variationen von Tee, thé, tea etc. und chai, čaj etc.). Und viele mehr. Auf alle gibt es einfallsreiche und an Anekdoten nicht entbehrende Antworten. So zum Beispiel auf die erste Frage: Irgendwann um 1800 wurde das Bier in England für die einfachen Arbeiter, die zunehmend in der Industrie beschäftigt waren zu teuer, so dass sie auf den in Massen importierten schwarzen Tee umstiegen, der ebenfalls eine aufputschende Wirkung besaß. Wahr oder nicht, der Tee erfreute sich starker Beliebtheit, die bald den ganzen Globus umspannte. Je nachdem, von wo er ursprünglich kam, erhielt er die Bezeichnung, die sich an die ursprüngliche der Herkunftsregion anlehnte (chai aus Indien und te aus China). Also ein Paradebeispiel für die gelungene Globalisierung und entgegen der gängigen Meinung des eurozentrischen Weltbildes auch für den Import von Wissen und Kultur nach Europa!

Kultur ist das, was daraus gemacht wird

Dabei finde ich an dieser ganzen Betrachtung und auch an der Ausstellung am spannendsten, dass es eigentlich um Identitäten geht. Die eigene Kultur wird im Wesentlichen durch Riten ausgedrückt, von denen das Tee trinken einer der augenscheinlichsten ist. Und doch haben sich die Traditionen weit auseinander entwickelt. Von dem chinesischen Ritual ist auf dem europäischen Festland wohl nicht mehr viel zu erkennen. Dort wird Tee oft als Alternative zum Kaffee aufgefasst. Dessen Genuss ist dann stark an den des Kaffees gekoppelt. Oder er wird gar als Aufputschmittel verwendet, wenn es sich um eine Teesorte handelt, die besonders viel Teein beinhaltet. So oder so, der Tee hat sich an die Kultur angepasst, die in der jeweiligen Region vorherrscht. Umso aufschlussreicher kann so eine Ausstellung sein, insbesondere wenn sie in London, einem Ort mit eigener Tradition und Begegnungspunkt verschiedener Kulturen zwischen Europa, Asien und Amerika veranstaltet wird.

Tee trinken, aber wie? Das heißt Kultur! (Quelle: europe.chinadaily.com.cn)

Friday, November 23, 2012

Eine Berliner Bratwurst und die Lehre von Okinawa: Eine Anleitung für ein besseres Leben


Vor einiger Zeit war ich in Berlin unterwegs. Wie es dann so ist, überkommt einen irgendwann der Hunger und da habe ich mich zu einem dieser Bratwurstverkäufer begeben, die überall in der Berliner Innenstadt anzutreffen sind. Eine richtige Berliner Bratwurst findet man nicht oft, aber die schmeckte, die ich da grillfrisch bekam. Aufgegessen nutzte ich eine der beiden Servietten, die ich bekommen hatte, um meinen Mund abzuwischen. Die andere steckte ich erst einmal in die Tasche. Später in der S-Bahn holte ich, verwundert, was das in meiner Tasche sein könnte, wieder hervor und erblickte eine Werbung des Economists. Ich hatte eh nichts zu tun und las deshalb die Anzeige durch. Es geht um die Menschen von Okinawa, die im Durchschnitt länger leben als irgendwo anders auf der Welt. Dies wird auf die Ernährung der Einwohner zurückgeführt, die sich im Wesentlichen aus Fisch und Sojabohnen zusammensetzt.
Weiter wird in dem Text darauf eingegangen, wie schwer es trotz der offensichtlichen Vorteile dieser Art der Ernährung sei, sie populär zu machen. Im Gegenteil vertreten viele sogar die Meinung, dass eine Konzentration auf Fisch und Soja zu einer einseitigen Ernährung und damit zu Mangelerscheinungen führen würde. Okinawa also Vorbild oder doch nur ein Kuriosum unserer Zeit? Die Frage ist schwer zu beantworten. Letztlich muss jeder und jede für sich entscheiden, was gut für ihn oder sie ist. Aber die Fakten einer soja- und fischreichen Ernährung bestechen: Der Blutdruck sinkt, die Gefahr für viele Krankheiten, die das Herz betreffen sinken etc.
Was mich jedoch am meisten irritierte, ist der Punkt, dass ich diese Werbung, die mich explizit vom Fleischverzehr abhalten wollte, ausgerechnet als Packungsmaterial für mein Fast Food bekam. Meine Berliner Bratwurst, deren Geschmack ich auch nach der Lektüre dieses kurzen Aufrufs noch im Mund hatte, kam mir natürlich augenblicklich geschmählert vor. Vielen Dank, lieber Bratwurstverkäufer!
Ich für meine Teil habe aus dieser Erfahrung zwei Schlüsse gezogen: 1. Auch beim Essen ist man nicht vor den Folgen der Globalisierung sicher und 2. wäre mir das ganze sicher nicht passiert, wenn ich mich der hausgemachten Gerichte wie Mansaf oder der ukrainischen Küche zugewandt hätte, anstatt mich schnell auf die erstbeste Bratwurst zu stürzen.

Von genau so einen kam die Berliner Bratwurst (Quelle: uinnberlinhostel.com)

Tuesday, November 20, 2012

Eine gute Präsentation. Die Geschichte Südamerikas in 20 Minuten – ein neuer Weltrekord?


Eine gute Präsentation muss gekonnt sein!

Das akademische Leben in Deutschland gefällt mir doch sehr. Universitäten haben ein völlig anderes Selbstverständnis als zum Beispiel in der Ukraine, wo es Eingangskontrollen gibt und niemand, der dort nicht arbeitet oder studiert, eintreten darf. Hier ist das glücklicherweise anders. Und so kann jeder, der Lust und Laune hat, sich in Vorlesungen reinsetzen und einfach mal ein bisschen lernen. Und man kommt manchmal aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Eine gute Präsentation folgt da auf die andere. Und je mehr man hört, desto erfürchtiger wird man auch vor dem, was die Studenten da leisten müssen. Eine Präsentation wird nämlich nicht dadurch gut, dass sie informativ ist. Nein, sie muss darüber hinaus spannend, prägnant und, was ganz wichtig ist, kurz sein. Wer über die festgesetzte Zeit hinaus will, braucht schon triftige Gründe, wie etwa die Technik, die nicht laufen will. Beim Zuhören hat mich das irgendwie an meinen letzten Artikel erinnert. Fast wie beim Frontjournalismus muss es schlag auf schlag gehen. Keine Metapher oder Umschreibungen. Einfach nur Fakten, Meinungen und schnell zum Schluss kommen.

Ein neuer Weltrekord – zumindest meiner Meinung nach

Ad absurdum wurde das ganze beim dem letzten Vortrag geführt, den ich angehört habe. Dort wurde die Eroberung Südamerikas durch die Spanier in 20 Minuten runtergerasselt. Was ist ein Weltrekord, wenn nicht, dass Unmögliche möglich zu machen, denn der Student hat sich wacker geschlagen. Natürlich ist es tatsächlich unmöglich, sich auch nur ein bisschen intensiver mit der Thematik auseinanderzusetzen, wenn einem nur 20 Minuten bleiben, während der auch noch Visualisierungen stattfinden und die Zuhörerschaft sich mitgenommen fühlen soll. Ein Weltrekord? Ja. Aber Vorbild? Eher nicht. Denn in einer Gesellschaft, die so zielorientiert und zeiteffizient sein möchte, gibt es immer Werte, die auf der Strecke bleiben. Wenn man sich nicht die Zeit für eine gute Präsentation nehmen kann und Zusammenhänge zu erklären, so dass sie jeder verstehen kann, befindet man sich schnell auf dem Weg, auf dem Demokratie und Transparenz auf der Strecke bleiben; zumindest besteht die Gefahr.

Tuesday, November 6, 2012

Journalismus von der Front. Ein Wettbewerb für die Kriegsberichterstatter?

Ich muss zugeben, dass ich meinen Augen nicht ganz traute, als ich diesen Artikel auf Zeit.de gelesen habe: „Schreiben von der Front. Warum tötet der Mensch? Und wie berichten wir darüber? Notizen von einem Kriegsreportertreffen in einer französischen Kleinstadt.“ Das Thema hörte sich zunächst interessant an, was mich dazu brachte, den Artikel dann zu lesen. Der Inhalt war dann aber doch sehr überraschend: In einer Kleinstadt in der Normandie findet ein Wettbewerb für Bilder aus Krisengebieten statt. Nicht der alltägliche Journalismus wird hier ausgestellt und nominiert bzw. gekürt, sondern Bilder aus Krisenherden, Kriegsgebieten und den notleidenden Gegenden unserer Erde. Dabei werden die Bilder in Plakatgröße überall in der Stadt aufgehangen, so dass die Einwohner sich nur schwer dagegen zu schützen vermögen. Aber ist das ethisch, was da passiert? Sind Bilder von der Front (besonders, wenn sie öffentlich ausgestellt werden) etwas, was prämiert werden sollte?
Das Problem für uns Deutsche, dass auch in dem Artikel angesprochen wird, besteht in der Tatsache, dass wir Bilder aus Krisenregionen oft gar nicht von unseren eigenen Agenturen beziehen. Stattdessen ist es Gang und Gäbe im deutschen Journalismus, die Fotos günstig von den großen internationalen Sendeanstalten wie CNN, Agenturen vor Ort oder von Privatleuten einzukaufen. Nicht nur, dass dadurch die hohen Aufwendungen für Reisen wegfallen, man erspart den deutschen Reportern außerdem die Gefahren, die mit einem Besuch eines der krisengeschüttelten Ländern der Welt verbunden sind. Das klingt zunächst gemein und erinnert irgendwie an die Devise „Sollen die doch den Job machen!“. Vielleicht ist besonders deswegen der Fotowettbewerb in Bayeux, so heißt die französische Kleinstadt, wichtiger als man zunächst annehmen mag. Es geht darum, den Besuchern vor Augen zu führen, was Kriegsberichterstattung heißt. Dazu passt auch das Ehrenmal, das im Einsatz getöteten Journalisten gewidmet ist. Jeder einzelne wird dort namentlich erwähnt.
Die Bilder geben einen merkwürdigen Eindruck. Es ist ein Balanceakt zwischen Ästhetik, Information, Schockieren und Unterhaltung, was die Bilder zu erreichen hoffen. Jene von der Front, von denen es ja viele gibt, wie das Conflict Barometer eindrucksvoll zeigt, erfreuen sich nicht nur während des Wettbewerbs erhöhter Beliebtheit. Dabei gibt es „saisonale Schwankungen“. Je nach dem, welcher Krieg gerade „in“ ist, fallen Bilder aus anderen Regionen einfach aus dem Rahmen des Interesses der Öffentlichkeit. Und genau hier kommt wieder einmal die Verantwortung ins Spiel, die Fotografen zu tragen haben. Sie haben die Aufgabe, ins Bewusstsein zu rücken, was ihm zu entfliehen versucht. Guter Journalismus ist daher nicht nur die Wiedergabe dessen, was passiert ist, sondern muss sich bewusst sein, dass nur ihm möglich ist, den Leuten die Probleme der Welt vor Augen zu führen und sie zu motivieren, etwas dagegen zu unternehmen. Die Kampanie Kony 2012, über die ich hier auch schon geschrieben habe, bietet dazu vielleicht ein ganz gutes Beispiel.

Journalismus aus Krisengebieten in Bayeux (Quelle: Zeit.de)