Thursday, June 28, 2012

Fotografie und ihr Stellenwert in der Kunst: die Lomography als Beispiel

Fotografie und Kunst – zwei Gegensätze?

Heutzutage kann man es kaum noch hören. „Fotografie ist keine Kunst“, wagt niemand mehr zu sagen. Und doch ist nach eineinhalb Jahrhunderten Fotogeschichte der Ansatzpunkt für Kritik noch nicht ganz verschwunden. Schließlich hänge doch das Produkt des Schaffensprozesses nur in geringem Maße vom Talent des Fotografen ab. Spätestens jetzt sollte man an die eigenen Fotokünste denken. Wie oft entpuppen sich die ach so schönen Urlaubsbilder zuhause als Fehlaufnahmen und werden sofort von der heimischen Festplatte gelöst. Die Fotografie wird da eher nach dem Motto „Was kostet die Welt“ betrieben: Lieber mal ein Motiv mehrmals aufnehmen, denn löschen kann man immer noch. Anders sah das früher aus, als jedes Foto bares Geld kostete (besonders in der Anfangsphase). Aber in unserem heutigen Zeitalter der Reproduzierbarkeit und Reizüberflutung gepaart mit moderner Technologie spielen solche Überlegungen für den Ottonormalverbraucher keine Rolle mehr. Leider, muss man wohl sagen, denn Bilder verkommen zur Massenware. Früher wurden Fotos noch mit Bedacht geschossen, um sie später genauestens ins Album einzukleben und zu beschriften. Der Betrachter beäugte denn auch jedes Bildchen und stellte Fragen, wer denn dies oder jenes sei. Vorbei die Zeiten. Wer kann denn noch die hunderte von Urlaubsbildern des besten Freundes oder der besten Freundin anschauen? Ganz zu schweigen davon, dass viele Belanglosigkeiten und einfach nur Uninteressantes aufgenommen wurde, was selbst diejenigen, die es erlebt haben, eigentlich niemals wieder ansehen werden. Aber es gibt auch Ausnahmen! Manchmal wird der Schritt gewagt von der Massenfotografie zum Kunstgenre, wie etwa im folgenden Fall:

Lomography ist Kunst!

Die Lomography ist ein Genre der Fotografie, auf das ich zuerst in der Ukraine aufmerksam wurde. Das war sicherlich kein Zufall, stammen die Apparate doch ursprünglich aus einer Produktion in St. Petersburg und fanden daher vornehmlich ihren Absatz im Ostblock. Das Ziel des ersten „Lomo Compact Automat“ war es, allen Bürgern das günstige Fotografieren zu ermöglichen. Leider mangelte es den Geräten jedoch an technische Ausgefeiltheit. Die Qualität der Bilder konnte mit vergleichbaren Kameras insbesondere aus dem Westen und Japan nicht mithalten. Störeffekte veränderten die Bilder in ungewünschte Art und Weise, so dass nach dem Fall des Eisernen Vorhanges kaum noch jemand Interesse an den Lomo-Automaten hatte.
Aber gerade diese Störeffekte ließen die Lomography aufleben, da durch sie der Schnappschusscharakter der Bilder unterstützt wurde. Dieses neue Genre bildete sich ab etwa Mitte der 1990er Jahre heraus und hat auch einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der Fotografie allgemein gehabt. Dennoch habe ich in Deutschland nie jemanden mit dieser Technik fotografieren sehen. In der Ukraine hingegen scheint es bis heute ein anhaltender Trend zu sein, der insbesondere von jungen Künstlern immer wieder neu angewandt wird. Neben dOCUMENTA und Caricatura wäre doch auch für die Lomography eine Ausstellung angebracht! Hier einige Beispiele:



Foto: modelovers.de

Foto: cs10747.userapi.com

Tuesday, June 26, 2012

Caricatura und Triennale der Karikatur. Greiz und Kassel warten wieder auf!

Caricatura – eine Ergänzung zur dOCUMENTA?

Zur Zeit findet die dOCUMENTA in Kassel statt. Was weniger Leute wissen, ist, dass zeitgleich eine zweite Ausstellung dort anzutreffen ist, deren Thema Karikaturen sind. Die Caricatura wird alle fünf Jahre organisiert und fällt daher nicht immer mit der dOCUMENTA zusammen. Dem Betrachter bietet sich aber eben diese Möglichkeit in diesem Jahr und sollte sich das auch nicht entgehen lassen. Viele junge Künstler der komischen Kunst präsentieren sich vor Ort und warten auch mit digital erstellen Werken auf. Dabei wurde erstmalig die Begrenzung auf deutsche Teilnehmer aufgehoben, so dass in diesem Jahr Zeichner aus sieben Ländern vertreten sind. Etwa einhundert Karikaturen werden somit ausgestellt. Die Caricatura bietet also einen schönen Kontrast oder eine Ergänzung zur bekannteren dOCUMENTA.

Triennale im Satiricum Greiz?

Noch unbekannter ist eine ganz ähnliche und zeitgleich ausgetragene Kunstschau in Greiz. Triennale wird sie einfach genannt. Wer präziser sein möchte, ergänzt noch „der Karikatur“, um den Besucher wenigstens einen kleinen Anhaltspunkt zu geben, was ihn erwartet. Eine Triennale ist allgemein eine Veranstaltung, die alle drei Jahre stattfindet. In diesem Falle im Satiricum Greiz, das mit seinem restaurierten klassischen Interieur einen reizvollen Kontrast zu den Ausstellungsstücken darbietet.

Welche Ausstellung ist besser?

Das ist natürlich die Frage, denn wer hat schon Zeit und Muße, sich beide Ausstellungen anzuschauen. Im Vergleich lässt sich schnell feststellen, dass die Zahl der Werke auf der Triennale mit 55 nur etwa der Hälfte jener der Caricatura entspricht. Außerdem ist das Profil der Künstler anders. In Greiz sind diese weniger international, älter und der Frauenanteil ist sehr gering. Außerdem wurde in Kassel versucht, neue technische Möglichkeiten einfließen zu lassen, um so dem Verschwinden des Genres entgegenzuwirken.

Hier noch ein paar Eindrücke:

Foto: caricatura.de

Foto: faz.net

Foto: faz.net

Sunday, June 10, 2012

dOCUMENTA 2012. Das Museum der 100 Tage ab 9. Juni 2012 wieder in Kassel

Es ist wieder soweit. Nach fünf Jahren findet endlich wieder die bedeutendste Ausstellung für zeitgenössische Kunst statt. Die dOCUMENTA 2012 ist ab dem 9. Juni 2012 wieder in Kassel anzutreffen. In über 40 Ausstellungsräumen, die über der ganzen Stadt verteilt liegen, zeigt sich die Kunst des 21. Jahrhunderts. Traditionell wird das Fridericianum jedoch die Hauptausstellungen und Programmpunkte beherbergen. Das Museum der 100 Tage, wie das Event auch genannt wird, denn genau für 100 Tage ist es der Öffentlichkeit zugänglich, soll hierbei von dMAPS unterstützt werden. Dieses Tool ist mehr als eine herkömmliche Karte. Mobil auf dem Smartphone (oder auf einem vor Ort erhältlichem Leihgerät) ist dMAPS nicht nur einfacher zu handhaben. Offizieller Sponsor der dOCUMENTA 2012, die Sparkasse, preist das ganz so an:

„dMAPS ist ein digitales Instrument, das den Besuchern mit Hilfe von Kartenmaterial und detaillierten Tagesprogrammen die Orientierung auf der dOCUMENTA (13) erleichtert. Gleichzeitig fungiert dMAPS als innovativer Audioguide, der in Form eines Mediaplayers eine multimediale Rezeption der Werke und Partizipation an der Kunst ermöglicht. Zudem enthält es Serviceinformationen rund um die dOCUMENTA (13).“ (Quelle: www.documenta.sparkasse.de/dMAPS/)

Das Museum der 100 Tage ist also mehr als nur eine Wiederholung der seit 1955 regelmäßig stattfindenden Ausstellung. Neue Maßstäbe werden gesetzt, die schon beim Besuchen der Homepage deutlich werden. Die Entwicklung neigt sich zum Minimalismus trotz Multimedialität. Dutzende von Videos, die man bei Bedarf aufrufen kann, geben Auskünfte über die Aussteller, Projekte und stellen Materialien bereit. Vieles mehr gibt es zu erkunden. Zwar kann die Website die Ausstellung nicht ersetzen, aber für diejenigen, die keine Zeit haben, sich auf den Weg nach Kassel zu begeben, kann kann sie auf jeden Fall eine kleine Entschädigung sein.

Noch mehr Kunst gab es beim Blog Award.

Friday, June 8, 2012

Seit wann gibt es die Globalisierung? Und was hat die Clovis-Kultur damit zu tun?


Es scheint mal wieder nicht ganz ernst gemeint zu sein. Die Clovis-Kultur so nah bei dem Wort Globalisierung stehen zu sehen, muss anrüchig wirken, macht jedoch Sinn, wenn man bereit ist, weiterzulesen, und das Geschichtsbild, das uns in der Schule eingetrichtert wurde, mal über Bord zu werfen. Blicken wir zurück und versuchen mit dem Schulwissen folgende Frage zu beantworten.
Seit wann gibt es die Globalisierung? Eine einfache Frage mit einer einfachen Antwort: Die Globalisierung ist etwas genuin neues, das es erst seit dem 20. Jahrhundert gibt. Falsch! Ach, ja, vor dem Ersten Weltkrieg gab es das ja auch schon, also seit dem 19. Jahrhundert. Wieder falsch! Okay, also doch zurück bis zum Sklavenhandel ab dem 16. Jahrhundert. Auch das reicht nicht aus. Es hängt natürlich stark von der Definition des Wortes Globalisierung ab, aber im Prinzip unterscheidet sich das, was wir heute haben nicht wesentlich von vorangegangenen Jahrhunderten, ja Jahrtausenden. Interaktionen auf wirtschaftlicher Ebene, die letztlich auch Einfluss auf kulturelle und soziale Entwicklungen hatten, gab es zu jeder Zeit. Der Film „10.000 B.C.“ illustriet das ganz gut, auch wenn er natürlich ein anderes Ziel hatte, als die Geschichte der Globalisierung zu veranschaulichen. Es gibt sogar Belege dafür, dass die ägyptischen Pharaonen bereits Tabak konsumierten. Dumm nur, dass der ausschließlich in Südamerika vorkam. Wie kommt also eine südamerikanische Pflanze über tausende von Seemeilen in die Grabkammern der alten Herrscher am Nil?
Und nun stand im Handelsblatt ein Artikel zu den Wurzeln einer nordamerikanischen Kultur, die bereits anzutreffen war, als eigentlich noch gar keine Menschen dort leben sollten, denn der Eispanzer während der letzten Eiszeit hielt den Korridor in Alaska unpassierbar verschlossen. Diese Clovis-Kultur weist außerdem erstaunliche Ähnlichkeiten mit einer anderen Kultur jenseits des Atlantiks, nämlich in Europa auf. Zufall? Einige Wissenschaftler glauben ja, andere nicht. Eine Möglichkeit besteht darin, dass die Ur-Europäer beim Verfolgen ihrer Jagdgründe entlang der Eisschollen nach Amerika gelangten. Klingt merkwürdig? Aber warum? Weil wir angeblich Chronorassisten sind: Wir trauen unseren Vorfahren einfach zu wenig zu. Dabei haben sie sich aus Afrika aufgemacht, alle Erdteile, unter denen sich auch das abgelegene Australien befand, bevölkert und sich dabei immer wieder neue Methoden und Techniken einfallen lassen, um den widrigsten Bedingungen zu trotzen.
Warum das alles? Um eines zu zeigen. „Seit wann gibt es die Globalisierung?“ impliziert die Frage, die von den Globalisierungsgegnern wie „Occupy Wallstreet“ oft dargestellt wird, wie wir wieder zu dem Augenblick zurückkehren können, in dem es keine Globalisierung gab. Der Punkt: Diesen Moment gab es eigentlich nie. Die bessere Frage wäre daher: Wie können wir unser technisches Wissen nutzen, um eine gerechtere Globalisierung zu gestalten?