Saturday, October 6, 2012

Tourismus trifft auf Freiwilligenarbeit – von der (Un-)Vereinbarkeit beider Wege zu Reisen


Tourismus – die herkömmliche Art zu Reisen

Wer verreisen will, entscheidet sich normalerweise dafür, zu einem Reisebüro zu gehen, dort Flug, Hotel etc. zu buchen und dann an dem gebuchten Tag pünktlich mit dem Flugzeug abzuheben, um am Bestimmungsort freundlich von einem Mitarbeiter des ausgesuchten Hotels empfangen zu werden. Vor Ort begibt man sich dann in geführten Gruppen zu den Attraktionen, für die das Land/ der Ort etc. berühmt sind, schießt ein paar Bilder, um den Enkelkindern einmal beweisen zu können, dass man wirklich dort war, und verbringt so ein oder zwei Wochen des jährlichen Urlaubs. Das ist Tourismus in seiner reinsten Form, wie wir ihn heute kennen.
Das es in diesem Bereich mittlerweile starke Differenzierungen gibt, ist klar. So hat zum Beispiel der Billigflugverkehr schon lange die Herzen der Deutscher erobert, die auch in Zeiten der Finanzkrise auf ihren Urlaub im Ausland nicht verzichten wollen.
Darüber hinaus wurden und werden ebenso andere Trends aufgegriffen. Darunter zählt mittlerweile die große Sparte Nachhaltigkeit. Der ökologische Tourismus (kurz: Öko-Tourismus) bietet da ein Paradebeispiel. Da heißt es dann: Zug statt Flugzeug und Holzhütte mit Selbstversorgung aus nachhaltigem Anbau über offenen Flamme statt Fünf-Sterne Hotel mit Frühstücksbuffet. Nachhaltigkeit äußert sich außerdem in den Reisezielen. So ist Bhutan mittlerweile zum beliebten Reiseziel geworden.
Dann gibt es auch noch die Leute, die gerne verreisen, dabei etwas Gutes tun wollen und wenn möglich auch noch gratis bis an die entlegensten Ecken der Welt vordringen möchten.

Freiwilligenarbeit – aus humanitären Gründen um die Welt reisen

Mit vielen Projekten der Freiwilligenarbeit kann man manchmal komplett gratis um die Welt reisen. Das Projekt Female R-Existence, von dem schon einmal die Rede war, ermöglichte es den Teilnehmer_innen zum Beispiel bei Erstattung der Reisekosten bis zu einem bestimmten Limit, das man durchaus einhalten konnte, solange man rechtzeitig buchte, nach Rom, Athen und nochmal Rom zu reisen. Wenn dann das Glück noch mitspielt und sich ein günstiger Flug ein paar Tage vor oder nach dem Projekt finden lässt, ist der Urlaub perfekt!
Mit dem Europäischen Freiwilligendienst oder weltwärts funktioniert das sogar noch besser. Dort bekommt man für lau die Chance für bis zu einem Jahr in einem anderen Land zu leben. Wer möchte nicht gerne einmal zum Beispiel nach Südostasien, Lateinamerika oder auch Afrika ohne einen Cent zu bezahlen. Und das Gute an der Freiwilligenarbeit: Man steht nie alleine da. Man wird ebenso vom Flughafen abgeholt, hat normalerweise jemanden, der/ die sich um einen kümmert und bekommt überlichweise einen besseren Einblick in die örtlichen Gesellschaften als ein normaler Tourist. Man kommt rum, braucht nichts zu bezahlen und beruhigt gleichzeitig das Gewissen, weil man ja in einem Projekt mitarbeitet, dass die Entwicklung des Landes vorantreibt.
Das mag vielleicht nach reinen Opportunismus klingen, solch ein Angebot wahrzunehmen, ist es aber nicht. Die Intention bei der Förderung solcher Projekte ist es ja, durch den Kontakt mit anderen Kulturen, den eigenen Horizont zu erweitern und etwas wieder zurück nach Hause zu bringen. Freiwilligenarbeit ist daher mehr als reiner Tourismus!

Voluntourismus – ein neuer Trend

Und dennoch gibt es einige Spezialisten, die einer neuen Wortschöpfung würdig sind. Voluntourismus bezeichnet wohl am besten, die diese Leute leben. Sie jetten von einem Projekt zum nächsten, sind multipräsent und wissen immer sofort, wenn es gratis wieder irgendwo etwas gibt. Je entlegener die Orte, desto besser und reizvoller. Auch diese Freiwilligen sind Ausprägungen eines ganz neuen Lebensgefühls. Sie verdienten vielleicht den Namen „Botschafter der Freiwilligenarbeit“. Sie verkörpern einen Geist, der globalisierter kaum sein könnte.

Einen Artikel aus dem New Internationalist von Michelle Dubrovolny über dieses Problem gibt es hier.

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