Friday, August 10, 2012

Nostalgie – Früher war alles besser, oder? Trügt der Schein? Wann war die beste Zeit?

Die Verklärung der Vergangenheit kann schon manchmal wundersame Blüten treiben. Ob es das Larpen und seinen im Dreck rumkriechenden Wochenenden ist oder einfach nur eine gigantische Ansammlung von Schwarz-Weiß-Fotografien im New Yorker Archiv, die uns bis heute begeistern können, immer gibt es etwas am Vergangenen zu bewundern, zu vermissen oder einfach eine unerklärliche Sehnsucht nach etwas zu hegen, was man nie wirklich gekannt hat. Nostalgie nennen wir dieses Phänomen gemeinhin. Aber das „Früher war alles besser“- Gefühl ist noch etwas ganz anderes. Es rührt von der Vergänglichkeit den Menschen her. Natürlich war früher alles besser, weil man früher noch jünger war. Wenn sich ein 60-jähriger an seine Jugend erinnert, gehen die Erinnerungen mit Gefühlen der Stärke und dem, dass alles möglich war, man alles tun konnte, einher. Früher war alles besser? Ja! Denn man selbst war früher besser und nicht an die Rountinen des Alltags, soziale Verpflichtungen oder die Gebrechen des eigenen Körpers gebunden.
Nostalgie kann aber auch in eine andere Richtung gehen, indem man sich in eine Zeit zurücksehnt, die man selbst nie erlebt hat. Sam.I.am hat auf seinem Blog über diesen Golden Age Thinking geschrieben und dabei den Film „Midnight in Paris“ zur Illustration herangezogen. Dabei sehnt sich der Protagonist in das Paris der 1920er Jahre zurück, als all die Großen der Literatur, des Film, der Malerei etc. sich in Paris versammelten. Für den nicht recht erfolgreichen Schriftsteller kommt dieser Zeit einem Paradies gleich, so zumindest in seiner Fantasie. Wie es der Zufall will, gelangt er wirklich in die Zeit zurück und muss schlussendlich erkennen, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Ein goldenes Zeitalter hat auch seine Schattenseiten und auch seine Leute, die sich ihrerseits wieder in eine besser Zeit zurückwünschen. So auch im Film: Die Dame, in die sich die Hauptperson in der Welt der 20er verliebt, verklärt das Ende des 19. Jahrhunderts dermaßen, dass der Mann es nicht verstehen kann. Er bekommt sein eigenes Verhalten quasi spiegelbilding vorgeführt.
Und die Moral von der Geschichte? Ein goldenes Zeitalter gab es nie. Ein paar wenige haben von sich behauptet in einem solchen zu leben, was aber meistens genau ins Gegenteil umschlug. Nostalgie, oder die Flucht vor der Gegenwart, ist gesellschaftlich anerkannt und kann auch nützlich sein. Indem wir nach Vorbildern suchen, werden uns erst die Missstände der Gegenwart sichtbar. Alternative Gesellschaftsmodelle tragen zur Auseinandersetzung mit dem Hier und Jetzt bei, fördern den Wunsch, etwas zu verändern und haben schließlich einen positiven Effekt auf die Welt, wie sie heute ist. Voraussetzung: Man kommt von den gelegentlichen Exkursionen in die Vergangenheit auch wieder zurück und verliert sich nicht im Dickicht längst vergessener Welten.

Nostalgie - Erinnerung an das Bessere (Quelle: designbysusanne.blogspot.de)

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