In den vorangegangenen Artikeln wurde
deutlich, dass es wesentlich schwieriger ist, ein gutes Foto zu
schießen, als man gemeinhin annimmt. Fotografieren
ist eben eine Kunst, die nicht jeder beherrschen kann, wie es auch
mit anderen Kunstformen der Fall ist. Wenn es jeder könnte, wäre es
auch nichts besonderes mehr, ähnlich der Ölbildmalerei oder dem
Komponieren von Opern. Die wahre Kunst daran ist wohl, dass i den
Vordergrund zu stellen, was dem Fotografen wichtig ist und das
Unwesentliche in den Hintergrund zu bringen. Fehler zu kaschieren
oder aus den Blicken der Betrachter herauszuschneiden, ist dabei die
Hauptherausforderung. Der richtige Fotograf komponiert sein Bild
ähnlich einem Maler und entledigt sich Ungewolltem bzw. kreiert das
Fehlende. Die Lebensmittelfotografie
stellt hierbei ein besonderes Feld dar. Dazu aus den bisherigen
Artikeln noch einmal drei Beispiele.
Kaschieren für Fortgeschrittene (Quelle: europe.chinadaily.com) |
Dieses Bild aus dem Artikel über eine
Ausstellung über Tee scheint eigentlich
perfekt. Schon bei dem Anblick läuft dem Teeliebhaber das Wasser im
Mund zusammen. Gekonnt ist dir runde Form der Tasse in den
Vordergrund gesetzt. Die Gefühlte Vollmundigkeit des Tee wird somit
visualisiert und harmoniert dabei mit den leichten Wellen, die in der
Tasse aufgeworfen werden. Alle Nebensächliche ist unklar und tritt
damit aus dem Vordergrund zurück. Die gründe Pflanze, die ebenso
unklar zu sehen ist, wurde augenscheinlich nur aufgrund ihrer Farbe
in das Bild aufgenommen. Der Kontrast lasst den Tee farblich
intensiver erscheinen und gibt dem Betrachter das Gefühl, sich in
einer angenehmen mit Pflanzen durchsetzten Umgebung zu befinden. Das
Fotografieren einer Flüssigkeit
gehört zur Meisterdisziplin. In diesem Falle kann der Versuch, die
richtige Aufnahme hinzubekommen, zwar beliebig oft ohne großen
Aufwand wiederholt werden, aber dennoch braucht es viel Übung zu
erkennen, wie die erhoffte Wirkung am besten erzielt werden kann.
![]() |
Lebensmittelfotografie (Quelle: blogspot.com) |
Dieser mit ukrainischen
Spezialitäten gedeckte Tisch dient als
weiteres Beispiel. Das Kaschieren der Makel, die Lebensmittel
normalerweise aufzeigen, wurde hier bis zur Perfektion getrieben. Es
ist fraglich, ob die Gerichte überhaupt genießbar waren.
Wahrscheinlich wurden sie, wie es Gang und Gäbe ist in der
Werbefotografie, extra präpariert. So glänzen die Salate mehr als
normal, indem etwa Haarspray benutzt wurde, die Zwiebeln sind
besonders hoch gestapelt, weil die vielleicht aufeinander geklebt
wurden. Es gibt viele weitere Tricks, die das Essen dann unnatürlich
erscheinen lassen, aber nötig sind, will der Fotograf den Eindruck
des Leckeren einfangen und dem Betrachter verdeutlichen.
![]() |
So bitte nicht! (Quelle: blogspot.com) |
Das letzte Bild zeigt eine Variante des
Mansaf.
Es handelt sich hier nicht um ein professionelles Bild. Daher werden
im Kontrast zu den ersten beiden alle die Fehler deutlich, die man
überhaupt machen kann. Nur wenigen wird dieses Bild Appetit auf
dieses Gericht machen, insbesondere da man viele Hände wahrnimmt,
die alle gleichzeitig in dieses Fleisch-Reis-Gemisch greifen. Das
ekelt vielleicht sogar eher an. Traditionell wird Mansaf sogar mit
einem gekochten Schafskopf in der Mitte serviert. Es dann noch
appetitlich auf ein Foto zu bringen, kann wirklich nur ein Profi
schaffen! Kaschieren ist
eben auch nicht so einfach.
Bleibt zum Schluss eigentlich nur die
Frage, welche Position die Lebensmittelfotografie ethisch einnimmt.
Nach dem Fotografieren
werden viele der Nahrungsmittel zum Beispiel weggeschmissen, weil sie
einfach ungenießbar geworden sind. Ist da vertretbar? Sicher nicht.
Oder ist es ethisch, Lebensmittel als Werbeobjekte zu verwenden, wenn
gleichzeitig Millionen von Menschen auf unserer Erde an Hunger
leiden? All das wirft Fragen auf, denen sich auch
Lebensmittelfotografen konfrontiert sehen. Aber einmal mehr bleibt
offen, inwiefern diese Aspekte von jedem einzelnen wahrgenommen und
reflektiert werden.